3 „Hansa-Stuben“

Markt 17

Hier verkehrten die Anhänger der NSDAP und die Mitglieder der uniformierten Sturmabteilung (SA). Zwischen ihnen und den im schräg gegenüber liegenden „Gasthof Stadt Kiel“ verkehrenden Angehörigen des Reichsbanner kam es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Im Verlauf einer Gedenkfeier von SPD und Reichsbanner anlässlich des Jahrestages der Revolution von 1918 wurde der SS-Mann Karl Radke vor dem Lokal tödlich verletzt.

Im Januar 1907 wurde das Hotel „Holsteiner Hof“ auf der Westseite des Eutiner Marktes durch ein Großfeuer völlig zerstört. An seiner Stelle entstand ein repräsentativer Neubau mit einem markanten Turmaufbau, einer Balkonfront zum Marktplatz hin und vor allem mit einem großen Saal. In den folgenden Jahrzehnten werden alle großen Feiern und Festlichkeiten im großen Saal des „Schlosshotels“ stattfinden, zunehmend aber auch politische Versammlungen.

Am Vormittag des 9. Mai 1926 hält der NSDAP-Parteiführer Adolf Hitler im großen Saal des Schlosshotels vor mehr als 1.000 Zuhörern nicht nur aus Eutin und dem Landesteil Lübeck, sondern auch aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg eine seiner über zweistündigen Propagandareden. Die Massenkundgebung mit dem ansonsten fast überall in Deutschland unter Redeverbot stehenden Hitler findet mit dem Einverständnis der Behörden der Stadt statt. In der Lokalzeitung werden die Redeinhalte wenige Tage später ausführlich berichtet und vermerkt, am Ende habe es „brausenden, nicht enden wollenden Beifall“ gegeben.

In den folgenden Jahren fanden weitere Massenveranstaltungen mit auswärtigen Parteigrößen im Schlosshotel statt, außerdem Weihnachtsfeiern und Mitgliederversammlungen der NSDAP-Ortsgruppe, Werbeabende sowie Tanzveranstaltungen der Hitlerjugend. Bei diesen Kundgebungen wurden oft ganz bewusst Versammlungsverbote missachtet, die aufgrund des schwachen Polizeiaufgebots dann auch nicht durchgesetzt werden konnten.

Am 27. November 1930 kam es bei einer vom Reichsbanner veranstalteten Kundgebung im Schlosshotel zu einer wüsten Saalschlacht. Weit über 1.000 Menschen waren gekommen, um einen Vortrag des Lübecker Reichstagsabgeordneten Julius Leber zu hören, darunter allerdings auch viele Anhänger der NSDAP aus Kiel, Lübeck und anderen Orten. Vor Beginn der Veranstaltung marschierten über hundert uniformierte SA-Männer in geschlossenem Zug in den Saal ein und nahmen in langen Reihen an beiden Seiten Aufstellung. Kaum hatte Leber mit seinem Vortrag begonnen, wurde er von Zwischenrufen unterbrochen. Das war der Auftakt zu einer Schlägerei, in deren Verlauf fast das gesamte Mobiliar des Saals zerstört wurde und die viele Verletzte vor allem auf Seiten der Nationalsozialisten forderte.

Bereits am nächsten Tag wurde dann der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Broschko auf dem Eutiner Marktplatz von drei SA-Männern angegriffen und schwer verletzt. Drei der beteiligten SA-Männer wurden zunächst zu Gefängnisstrafen zwischen drei Wochen und drei Monaten verurteilt. Im Zuge der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Lübeck wurde dann aber lediglich eine einmonatige Gefängnisstrafe für den Angeklagten Theodor Tenhaaf, dem späteren Kommandanten des Konzentrationslagers Eutin und Ahrensbök, aufrechterhalten.

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