8 Geschäftsstelle der NSDAP-Ortsgruppe bis 1933

Am Rosengarten 9

Die Eutiner Ortsgruppe der NSDAP wurde 1925 gegründet. Von 1929 bis 1933 befand sich hier Am Rosengarten 9 (damals Sackstraße) die Geschäftsstelle. Unmittelbar vor der Machtübernahme der NSDAP in Eutin 1932 hatte die Ortsgruppe bereits fast 500 Mitglieder, das ist ein Vielfaches des Anteils im Reich. Dass gerade Eutin zu einer „Hochburg“ des Nationalsozialismus wurde, hängt vor allem damit zusammen, dass es keine größeren Industriebetriebe gab und die Bevölkerung fast ausschließlich protestantisch war. Damit fehlen die zwei stärksten Gegenkräfte der frühen Hitlerbewegung, die organisierte Arbeiterschaft und der politische Katholizismus. Hinzu kam, dass die Partei mit dem Rechtsanwalt Heinrich Böhmcker und dem Frauenarzt Dr. Wolfgang Saalfeldt über zwei überaus fähige Agitatoren verfügte.

Von 1929 bis 1933 befand sich Am Rosengarten 9 die Geschäftsstelle der NSDAP-Ortsgruppe Eutin. Im April 1929 wurde dort zunächst ein Zimmer gemietet, und im Februar 1930 zogen die gemeinsamen Geschäftsstellen von Kreis- und Ortsgruppe dann in einen größeren Raum um. Eigens angebrachte Schaukästen in der Tordurchfahrt neben dem Gebäude dienten zum Aushängen von Zeitungen; einer davon ist bis heute erhalten. Im Januar 1933 wurden die Geschäftsstellen dann in den ersten Stock des Gebäudes neben dem Rathaus verlegt. Die NSDAP wurde im Februar 1920 in München gegründet. Nachdem sie in mehreren Ländern bereits ab 1922 verboten wurde, erging nach dem Hitler-Putsch im November 1923 ein reichsweites Verbot der Partei. Direkt nach der Aufhebung des Verbots formierte sich die NSDAP dann im Februar 1925 erneut als Partei. Wenig später, am 9. Mai 1925, entstand auch in Eutin eine Ortsgruppe. Die Mitgliederzahlen stagnierten zunächst weitgehend, zumal es innerhalb der Ortsgruppe zu einer Reihe von Unregelmäßigkeiten kam, die den Ruf der Partei schädigten. Nach der Rede Hitlers im Mai 1926 stieg die Mitgliederzahl der Ortsgruppe Eutin, und in Kloths Hotel in der Auguststraße 23 (ab 1936 Albert-Mahlstedt-Straße) wurde im Zimmer Nr. 9 die erste Parteigeschäftsstelle eingerichtet. Ende Mai 1932, also unmittelbar vor der Machtübernahme der NSDAP im Landsteil Lübeck, hatte die Ortsgruppe Eutin bereits 469 Mitglieder; Ende des gleichen Jahres waren es dann über 800. Selbst wenn man die hohe Fluktuation zwischen verschiedenen Ortsgruppen berücksichtigt, waren zu diesem Zeitpunkt mehr als zehn Prozent der Einwohner Eutins NSDAP-Mitglieder. Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die zum Aufstieg der NSDAP im Deutschen Reich beigetragen haben. Dazu gehören die die von weiten Kreisen der Bevölkerung geteilte Ablehnung des Versailler Vertrages, der als „Schanddiktat“ geschmäht wurde, und der fehlende Rückhalt für das parlamentarische System der Weimarer Republik von rechts und links. Hinzu kamen die Belastungen durch die hohen Reparationszahlungen, die Hyperinflation von 1923 und die Folgen der Weltwirtschaftskrise, insbesondere die Massenarbeitslosigkeit, sowie die dauerhafte Instabilität ab 1930, die eine Regierungstätigkeit ohne stabile Mehrheiten nur noch mittels Notverordnungen des Reichspräsidenten zuließ. In Norddeutschland kam dazu noch die Radikalisierung vieler Bauern in der gewaltbereiten und antisemitisch ausgerichteten „Landvolkbewegung“, die als Reaktion auf die Agrarkrise der 1920er Jahre entstand und insbesondere an der Westküste aktiv war. Dass dann gerade der Landesteil Lübeck mit der Stadt Eutin zu einer frühen „Hochburg“ des Nationalsozialismus wurde, hängt aber wohl besonders damit zusammen, dass es in der Stadt so gut wie keine größeren Industriebetriebe gab und die Bevölkerung fast ausschließlich der evangelischen Kirche angehörte. Damit fehlten zwei der stärksten Gegenkräfte zur frühen Hitlerbewegung, der politische Katholizismus sowie eine gewerkschaftlich und parteipolitisch organisierte Industriearbeiterschaft. Dazu kam, dass die NSDAP in Eutin mit dem Rechtsanwalt und späteren Regierungspräsidenten Heinrich Böhmcker ab 1927 sowie dem Frauenarzt und Chirurgen Dr. Wolfgang Saalfeldt, der 1930 zum NSDAP-Ortsgruppenleiter „avancierte“, über zwei überaus fähige Agitatoren verfügte.

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