16 Gedenkstätte Ahrensbök

Das etwa 15 km von Eutin entfernt liegende Direktionsgebäude einer Zuckerfabrik diente von Oktober bis Dezember 1933 als frühes Konzentrationslager. Im Obergeschoss waren zeitgleich bis zu 70 Häftlinge untergebracht, überwiegend Kommunisten und Sozialdemokraten. Später hatte hier die „Genossenschaft Flachsröste GmbH“ ihren Sitz, die während der Krieges Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen vor allem aus der Sowjetunion und Belgien beschäftigte. Heute befindet sich hier eine Gedenkstätte mit mehreren Dauerausstellungen zur Geschichte des Gebäudes.

Mit Auflösung des Konzentrationslagers im Gebäude des Amtsgerichtsgefängnisses in Eutin im Oktober 1933 wurden die verbliebenen „Schutzhäftlinge“ in das neu gegründete Konzentrationslager in Holstendorf bei Ahrensbök überführt. Das Konzentrationslager wurde in einem bereits 1883 als Direktionsgebäude einer Zuckerfabrik errichteten Gebäude eingerichtet. In den 1920er Jahren diente es als Direktorenwohnung einer Chemischen Fabrik, und 1932 bis 1933 beherbergte das Gebäude den Freiwilligen Arbeitsdienst der Jugend des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und diente damit ausgerechnet dem politischen Gegner der Nationalsozialisten. Das Gebäude wurde im Oktober 1933 nur geringfügig umgebaut und verfügte im Obergeschoss über einen Schlafsaal, in dem zeitgleich bis zu 70 Häftlinge übernachten mussten. Die Wachmannschaft, bestehend aus zuvor meist arbeitslosen SA-Mitgliedern, wurde in den Räumlichkeiten im Erdgeschoss untergebracht. Im Keller befand sich eine Verhörzelle, in denen Häftlinge verhört, gedemütigt und misshandelt wurden. Lagerkommandant war, wie zuvor bereits in Eutin, der SA-Sturmführer Theodor Tenhaaf.

Zu den Häftlingen aus dem vorigen Konzentrationslager Eutin kamen im weiteren Verlauf auch die Opfer neuer Verhaftungswellen. Überwiegend handelte es sich um politische Gegner der Nationalsozialisten, insbesondere Mitglieder der KPD, der SPD, sowie des „Kampfbundes gegen den Faschismus“. Wie zuvor in Eutin wurden aber auch Angehörige der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) in Holstendorf interniert, entweder weil sie Gegner der Gleichschaltungspolitik waren oder von Regierungspräsident Böhmcker als persönliche Feinde verfolgt wurden. Daneben gerieten auch andere gesellschaftliche Gruppen ins Visier der Nationalsozialisten, die das Instrument der Schutzhaft zur Machtetablierung und zur Bildung einer sozial-rassistisch definierten „Volksgemeinschaft“ nutzten. So wurden neben Zeugen Jehovas auch Menschen verhaftet, die als „Landstreicher“ und „Arbeitsscheue“ diffamiert und verfolgt wurden.

Die Häftlinge wurden beim Wegebau in der Umgebung eingesetzt. Böhmcker nutzte die Inhaftierungen aber auch, um von den Häftlingen Geld zu erpressen. Anfang Dezember 1933 mussten die KZ-Häftlinge einer örtlichen Schule weichen und wurden in ein leerstehendes Privathaus im Ortskern von Ahrensbök verlegt. Das Gebäude in Holstendorf wurde nach der kurzzeitigen Einquartierung von Schulklassen zunächst durch österreichische SS-Mitglieder genutzt. Ab April 1936 bis 1956 hatte hier die „Genossenschaft Flachsröste GmbH“ ihren Sitz, in der während des Zweiten Weltkriegs mindestens 164 Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen überwiegend aus der Sowjetunion und Belgien arbeiten mussten.

Für die im Dezember 1933 in den Ortskern von Ahrensbök verbrachten KZ-Häftlinge verschlechterten sich durch den Umzug die Haftbedingungen. Die kleinen Räume des Hauses in der Plöner Straße 15 (Heute Nr. 21) boten den Häftlingen im mit Stacheldraht gesicherten Obergeschoss nur wenig Platz. Die Pressestelle der Eutiner Regierung teilte am 9. Mai 1934 die Auflösung des Ahrensböker Konzentrationslagers mit. Die verbliebenen Häftlinge wurden zuvor entlassen oder ins Zuchthaus nach Vechta überstellt.

Das Gebäude der Gedenkstätte Ahrensbök im Ortsteil Holstendorf ist neben dem Haus in der Plöner Straße das einzige in Schleswig-Holstein erhaltene Gebäude, in dem sich ein frühes Konzentrationslager befand. Während an das zunehmend verfallende Gebäude in der Plöner Straße heute am Ort nichts erinnert, beherbergt das Gebäude in Holstendorf seit 2001 eine zivilgesellschaftlich getragene Gedenkstätte. Die Einrichtung versteht sich vor allem als außerschulischer Lernort. Neben zahlreichen Veranstaltungen und Bildungsangeboten werden in mehreren Dauerausstellungen Anfang, Alltag und Ende des Nationalsozialismus in Ahrensbök und der Region thematisiert. Neben der Geschichte des Gebäudes als frühes Konzentrationslager werden die Themen „Verfolgung und Enteignung der jüdischen Bevölkerung“, „Schule im Nationalsozialismus“, „Zwangsarbeit in Ahrensbök“ sowie der „Todesmarsch von Auschwitz-Fürstengrube nach Holstein“ behandelt.

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