4 Gasthaus „Stadt Kiel“

Markt 11

In dem Versammlungslokal der SPD und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold fanden die politischen Versammlungen der Arbeiterbewegung statt. Auch die Feiern zum 1. Mai oder zum Jahrestag der Novemberrevolution wurden hier ausgerichtet. Der Gasthof war unter dem Namen seines Inhabers so bekannt, dass auf Plakaten und Ankündigungen meist nur stand „bei Ramm“. Am 1. Mai 1933 feierte die Eutiner NSDAP den „Tag der nationalen Arbeit“ demonstrativ in dem ehemaligen Stammlokal der Arbeiterbewegung.

Der Gasthof von Wilhelm Ramm an der Nordseite des Marktplatzes (heute „Brauhaus“) war spätestens ab Mitte der 1920er Jahre das Stammlokal der Eutiner SPD und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Hier fanden die Feiern zum 1. Mai, zum Jahrestag der Novemberrevolution von 1918, zum Verfassungstag und zahlreiche weitere Veranstaltungen der Linken statt. Der Gasthof von Wilhelm Ramm war damals so bekannt, dass auf den Ankündigungen zumeist einfach stand „bei Ramm“. Aber die SPD-Tradition des Gasthofs reicht weiter zurück; bereits im November 1918 hatte sich der Eutiner Arbeiterrat hier eingerichtet.

Mehrfach spielt der Gasthof eine Rolle bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der SA und des Reichsbanners. Ein Jahr nach der Saalschlacht vom 27. November 1930 im „Schlosshotel“ ordnet die Eutiner Polizeibehörde eine dreimonatige Schließung von Ramms Gastwirtschaft an. Als Begründung wird ausgeführt, dass in dem Lokal Waffen versteckt worden seien und „schwerbewaffnete Reichsbannerleute“ von hier aus immer wieder Angriffe auf Nationalsozialisten unternommen hätten. Gleichzeitig wurde eine von der KPD beantragte Versammlung „Gegen den Faschismus – für Arbeit, Brot und Freiheit“ untersagt. Ramm erwirkte dann aber eine einstweilige Verfügung, so dass er den Gasthof bereits zum Jahreswechsel wieder öffnen durfte.

Auch der Umzug am 9. November 1931 zur Feier des Jahrestages der Revolution, in dessen weiterem Verlauf der SS-Mann Karl Radke getötet wurde (siehe „Hansa-Stuben“), ging vom Gasthof „Stadt Kiel“ aus und sollte hier enden. Es wird vermutet, dass Wilhelm Ramm einige der Hieb- und Stichwaffen, die nach der Tat von Angehörigen des Reichsbanners hastig in seinem Lokal deponiert worden waren, in den Eutiner See geworfen hat. Bereits wenige Tage später organisiert die NSDAP eine Veranstaltung ausgerechnet in Ramms Gasthof, bei der Böhmcker „in gemeinster Weise gegen Arbeiter und auf dem Boden der SPD oder der Republik Stehende herzieht“.

Am 1. Mai 1933 feiert die NSDAP den „Tag der nationalen Arbeit“ im Gasthof „Stadt Kiel“, und die Lokalzeitung vermerkt ausdrücklich: „Es ist wie in anderen Städten gerade das Lokal für die National-Feiertags-Veranstaltung gewählt worden, wo früher die roten Gewerkschaften den 1. Mai gefeiert haben“. Am nächsten Tag stürmen SA und SS überall im Reich die Gewerkschaftsbüros, verhaften die Funktionäre und beschlagnahmen das Eigentum. Die freien Gewerkschaften sind damit aufgelöst.

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